Feeling the Flow

 

... es ist der Augenblick, in dem sich die Zeit scheinbar verlangsamt und die Sekunde, in der Du lebst, sich in einer glückserfüllten, lethargischen Ausdehnung befindet, in der Dein Fokus sich gleichzeitig auf alles um Dich herum ausdehnt, ... in der Du ohne bewußt zu denken eine intensive Aufmerksamkeit erlebst, ... in dem sich Dein Tun und Deine Aufmerksamkeit auf eine magische Art und Weise synchronisieren und ein Moment intuitiver, großer Kreativität entsteht...

 

Dann bist Du im Flow. Dann gelingt alles: Du machst den Punkt, machst den Sack zu, durchbrichst Deine persönliche Grenze im Sport, schließt den Vertrag ab, machst Dein Meisterstück oder erreichst das lang Ersehnte.

 

Was diese Momente des Flow so aussergewöhnlich macht, hat Mihály Csikszentmihály, emeritierter Professor für Psychologie an der Universität von Chicago, beschrieben. Er gilt als der herausragendste Wissenschaftler auf diesem Gebiet und hat Phänomene untersucht, die die Spielwissenschaft schon länger im Visier hatte.


Das Spiel selbst erfüllt alle Voraussetzungen, einen Flow-Zustand erreichen zu können. Wer Kinder, die im Spiel versunken sind, anspricht, wird höchstwahrscheinlich nicht sofort eine Antwort erhalten – zu sehr sind sie bei sich selbst, in einem glückseligen Zustands des Aufgehens in der Tätigkeit, der Identifikation mit der Welt, die sie gerade leben.

 

Friedrich Schiller beschrieb das so: „... der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur ganz Mensch, wenn er spielt.“


Diesen Zustand, wo etwas für uns "im Fluss" ist, beschreiben wir auch als einen, „in dem uns alles spielerisch von der Hand geht“. Nach Mihály Csikszentmihály ist das Eintreten eines Flow-Gefühls an Bedingungen geknüpft: klare Zielsetzungen, eine volle Konzentration auf das Tun, das Gefühl der Kontrolle der Tätigkeit, den Einklang von Anforderung und Fähigkeit jenseits von Angst oder Langeweile in scheinbarer Mühelosigkeit.

 

Es ist ein Zustand, in der wir in einem optimalen Zustand von Bewußtheit sind und unser Bestes fühlen und unser Bestes geben können. In diesem Moment tritt unser Ego zurück, die Zeit fließt und jeder Schritt nach dem vorherigen ergibt sich unweigerlich und in einer intuitiven, erfolgreichen Konsequenz. Die Schwierigkeit der Aufgaben und die eigene Lösungskompetenz befinden sich in einem glückserfüllenden Gleichgewicht.

 

Ein sich selbst verstärkendes Moment: Die bei der Bewältigung von extremen Herausforderungen gemessene Ausschüttung von Glückshormonen unterstützt wiederum das spielerische Handeln in dem Augenblick, beseitigt bremsende und energieraubende Zweifel und fördert den Fluss – eben den Flow.

 

Wissenschaftliche Untersuchungen unter standardisierten Bedingungen haben ergeben, dass sich im Flow-Zustand die Kreativität bezogen auf Lösungsfindungen um bis zu phänomenale 700 % steigert. Interessanterweise kommen die extremeren Flow-Erlebnisse eher unter asketischen Bedingungen, in denen hohe Eigenleistung gefordert ist, zustande, als im bequemen Luxusmilieu. Hoffnung für die, die ein Instrument spielen: Hier haben Untersuchungen ergeben, dass ein möglicher  Flow-Zustand beim Musizieren deutlich länger anhält als bei manchen kurzzeitigen Kicks und vor allem eine Euphorie und Form von Glück darstellen kann, auf die der Einzelne Einfluss hat.

 

Und wie erreiche ich den Flow?

Physiologisch betrachtet, entsteht ein Flow-Gefühl, wenn wir uns sportlich betätigen, meditieren, kognitiv vertiefen aber auch im Schlaf. Was dann abläuft, entscheidet sich im präfrontalen Cortex, einem Teil unseres Gehirns.

 

Hier schalten wir von einem Modus des Kämpfen/Flüchtens in einen Zustand, der durch den parasympathischen Teil unseres Nervensystems gefördert wird. Die Aktivitäten unseres präfrontalen Cortex, die dafür verantwortlich sind, dass wir unser Ego verteidigen, dass wir unsere Limitierungen im Sinne von existenzgefährdend wahrnehmen, dass wir uns selbst anzweifeln und kritisch betrachten, diese Aktivitäten werden im Flow heruntergefahren. Was normalerweise ein durchaus nützlicher Selbstschutz ist und Überforderung vermeiden hilft, ist gleichzeitig auch die Begrenzung – die wir im Flow überwinden!

 

Ein Entrainment (siehe auch: Network Spinal Analysis) schafft z.B. die Voraussetzungen, dass der präfrontale Cortex seine Aktivität auf ein angemessenes Maß zurückfährt und den Modus des Kämpfen/Flüchtens verlässt – um an die Ressourcen heranzukommen, die uns innewohnen und deren Potentiale so oft verschüttet sind. Und eine entspannte und bewegliche Wirbelsäule ist viel besser in der Lage, das Gehirn mit den Substanzen zu versorgen, die es braucht, um optimal zu funktionieren und flexibel von Kämpfen/Flüchten in einen entspannten Leistungszustand zu wechseln.


Schätzungen besagen, dass lediglich 5% aller Menschen von Flow-Erlebnissen berichten können. Die Fähigkeit dazu liegt im präfrontalen Cortex – und den hat jedes menschliche Wesen!

 

Literatur-Tipp:

Mihály Csikszentmihály: Flow, Klett-Cotta, Stuttgart 2008

Kommentar schreiben

Kommentare: 0